Giordano Bruno
Seit Gründung der Theosophischen Gesellschaft hat der Name Giordano Bruno immer wieder eine Rolle gespielt. Sein Mut, für seine Ideale ein zu stehen - bis in den Tod - und sein kosmisch ausgerichtetes Denken ließen Bruno gleichsam als frühen Vorläufer des heutigen theosophischen Weltbildes erscheinen. Von daher kann es auch nicht verwundern, wenn ihm Annie Besant eine eigene kleine Monographie widmete, die den Untertitel "Ein Kämpfer für die Freiheit des Geistes" trägt.
Giordano Bruno wurde im Jahr 1548, wahrscheinlich im Februar, in dem kleinen Örtchen Nola, dreißig Kilometer von Neapel entfernt, geboren. Sein erster wichtiger Lehrer ist der Augustinerpater Theophilus Vairanus. Von ihm lernt er das logische Schlussfolgern und bildet schon früh seine überragenden intellektuellen Fähigkeiten aus. Leider sollte ihm sein brillanter Intellekt, nicht immer in harmonischem Einklang mit seinem neapolitanischen Temperament, manche Schwierigkeiten bereiten.
Am 15. Juni 1565 tritt Bruno dem Dominikaner-Orden bei. Er wird Novize im Kloster San Domenico Maggiore in Neapel. Dort studiert er Theologie. 1573 wird er zum Priester geweiht; 1575 wird er Lektor für Theologie. Schon bald beginnt seine Vernunft an etlichen Dogmen der Katholischen Kirchen zu zweifeln (darunter der Glaube an die Trinität und das orthodoxe Verständnis der Inkarnation des Logos). Die Inquisition wird auf ihn aufmerksam, und bereits 1576 muss Bruno sich ihrem Zugriff entziehen.
Es beginnen lange, unruhige und konfliktreiche Wanderjahre. Sie führen ihn erst durch Italien, später in fast alle geistig einflussreichen Städte bzw. an alle großen Königshöfe Europas. Er lehrt in Paris, London und Prag; aber auch im lutherischen Wittenberg. Auf diesen Reisen und während seiner Lehraufenthalte entstehen seine großen Werke, die auch heute noch in immer neuen Auflagen in allen großen Weltsprachen Beachtung finden.
Bruno war in seinem Denken ein Weltbürger - in seinem Herzen jedoch Italiener. Die Liebe zu seiner Heimat sollte ihm zum Verhängnis werden. So nahm er einen Bildungsauftrag in Venedig an, wo ihn jedoch sein einstiger Gönner Giovanni Mocenigo am 23. Mai 1592 bei der Inquisition denunzierte. 1593 wird er dem "Heiligen" Offizium in Rom übergeben. Er wird in der Engelsburg inhaftiert, wo ihm der Prozess gemacht wird. Es ist bis heute zweifelhaft, ob Bruno in den langen Haftjahren gefoltert wurde, wobei aber allein schon der langjährige Aufenthalt in den Verließen der Engelsburg Folter genug gewesen sein dürfte. Wie nicht anders zu erwarten, wurde Bruno der Ketzerei für schuldig befunden und am 17. Februar 1600 auf dem Campo di Fiori in Rom verbrannt. Die Flammen, die seinen erschöpften Körper verzehrten, leuchteten wie ein Fanal durch Europa - und erhellten das Denken der Menschheit. Alles, wofür Bruno eingetreten und wofür er gestorben ist, zählt heute zum selbstverständlichen Denken eines freien Menschen!
1) Die Unbegrenztheit der Welt
Bruno setzte die Kopernikanische Wende und die Entdeckungen Galileis philosophisch um und konzipierte ein Weltbild, das in seinen Grundzügen dem theosophischen entspricht. Er war überzeugt von unzähligen belebten Welten in den Weiten des Kosmos, in denen allen er leuchtende Boten der Gottheit sah.
2) Pantheismus
Der Pantheismus-Vorwurf gegen Bruno war unberechtigt. Vielmehr sah er die Schöpfung als die Entfaltung Gottes (explicatamente), als die Offenbarung dessen, was in ihm eingefaltet (complicatamente) vorhanden war. Eine Idee, wie sie auch die Bhagavad Gita vertrat.
3) Die Weltseele
Mittels der Weltseele war der GEIST Gottes in allem verborgen anwesend, was von ihm geschaffen wurde. Das war nur eine konsequente Fortführung des Paulus-Wortes, wonach wir "in Gott leben und unser Sein haben". Ähnlich hatte vor ihm schon Plotin, der große Begründer des Neuplatonismus gedacht.
Bruno beeinflusste zahllose Denker und Dichter nach ihm. Goethe begegnete ihm erstmals 1812 und beschäftigte sich dann bis an sein Lebensende mit Brunos Gedanken. Schelling widmete ihm einen eigenen Dialog. Für die 1875 gegründete Theosophische Gesellschaft war Giordano Bruno ein "Bruder im Geiste", der für viele seiner Ideale gelebt und sie auch angesichts der Inquisition und der Drohung mit dem Scheiterhaufen nicht verraten hatte.
Giordano Bruno ist nicht umsonst gestorben; und als sich im Jahr 2000 sein Todestag zum vierhundertsten Mal jährte, pilgerten Wahrheitssucher aus aller Welt zu jenem Platz, an dem er verbrannt worden war, um "Rosen der Freiheit" zu Füßen seines Denkmals niederzulegen. Sein Geist wirkt weiter - nicht zuletzt im Leben und Denken der großen Theosophen.
Dr. Peter Michel, Aquamarin Verlag, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!